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by Ain Aaviksoo, MD MPH | Senior Healthcare Advisor
Proaktive Gesundheitsfürsorge: Der Weg zu einer besseren Gesundheit
Die heutigen Modelle zur Gesundheitsversorgung haben ihre Wurzeln in der Notwendigkeit, akute Krankheiten gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu bewältigen. Zu dieser Zeit war die Bevölkerung kleiner und jünger. Ein rein reaktiver Ansatz – die Behandlung von Symptomen, wenn sie auftreten – galt eine Weile als das Beste, was wir erwarten konnten. Doch diese Ära ist vorbei.
Heutzutage sehen unsere Bedürfnisse ganz anders aus. Chronische Krankheiten wie Krebs, Herzkrankheiten und Typ-2-Diabetes machen die Hälfte der weltweiten Krankheitslast aus, während die Bevölkerung altert. Laut Prognosen der Weltgesundheitsorganisation werden bis 2050 voraussichtlich 426 Millionen Menschen über 80 Jahre alt sein – im Vergleich zu 143 Millionen im Jahr 2019.
Die bloße Anwendung medizinischer Behandlungen reicht nicht aus, um gesunde Nationen für die Zukunft zu schaffen. Jedoch stehen uns die Technologien zur Verfügung, um ein völlig neues Gesundheitsmodell zu unterstützen. Ein Modell, das proaktiv statt reaktiv ist, das auf Prävention und Früherkennung setzt und das individuell zugeschnitten ist. Dies verkörpert unseren multidimensionalen Ansatz für die Gesundheitsversorgung – eine Vision, die proaktiv, perspektivisch, präventiv, personalisiert, partizipativ und Performance-orientiert ist – die „6P-Vision“.
Die „6P“-Gesundheitsvorsorge
Die Umstellung von einem reaktiven auf einen proaktiven Ansatz, bei dem die Gesundheitsversorgung den Schwerpunkt auf präventive Maßnahmen, die frühzeitige Erkennung von Gesundheitsproblemen und die aktive Einbindung der Patienten*innen legt, bildet den Kern des 6P-Modells.
Der bedeutendste Wandel im Gesundheitswesen wird eintreten, wenn die Patienten*innen bereit und in der Lage sind, die Führung bei der Verwaltung ihrer eigenen Gesundheit zu übernehmen. Dafür müssen sie angemessen informiert und mit den richtigen Werkzeugen ausgestattet sein.
Das Gesundheitssystem kann dann von einem passiven Modus, in dem es darauf wartet, dass Patienten*innen Symptome zeigen, zu einem aktiven Modus wechseln, der individuelle Gesundheitspläne für Bürger*innen auf der Grundlage ihrer Anfälligkeiten und Risikoprofile erstellt und sie behutsam unterstützt und ermutigt, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, bevor sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert. Der Fokus liegt auf Risikomanagement und Krankheitsprävention durch vorhersehbare, vorab geplante und oft vorab gebuchte Begegnungen mit dem Gesundheitssystem und den Leistungserbringern.
Aber wie funktioniert das in der Praxis? Proaktive Gesundheitsfürsorge beginnt mit guter Kommunikation; ein kooperativer Ansatz zwischen Gesundheitsdienstleistern und Patienten*innen stärkt das gegenseitige Verständnis und führt zu einer besseren Versorgung.
Dem Patienten die Kontrolle überlassen
Die Entwicklung digitaler Multikanal-Plattformen zur Einbindung von Patienten*innen stellt eine der vielversprechendsten Innovationen für eine proaktive Gesundheitsversorgung dar. Wir haben bereits erfolgreich mobile Lösungen entwickelt und implementiert, die Patienten*innen unterstützen, in Kontakt mit Gesundheitsdienstleistern oder Versicherern zu treten und Routineaufgaben wie Nachbestellungen elektronisch zu erledigen.
Ein herausragendes Beispiel ist unsere Umwandlung des litauischen nationalen Gesundheitsdatensystems in ein zentrales elektronisches nationales Register, das intuitive webbasierte Portale für Ärzte, Verwaltungsangestellte und Apotheker*innen bietet. Diese ermöglichen einen schnellen Zugriff auf Informationen und Testergebnisse. In Deutschland ermöglicht unsere elektronische Verschreibungslösung Patienten*innen die sichere Verwaltung ihrer Rezepte. Zudem verbessert unsere Krankenversicherungsplattform in den Vereinigten Arabischen Emiraten das Schadenmanagement erheblich – für beide Seiten. All diese Lösungen haben zu einer erheblichen Steigerung der Patienten*innenbeteiligung geführt.
Diese Plattformen stellen den Patienten*innen relevante Daten bereit und ermutigen sie dazu, sich selbst um ihr Wohlergehen zu kümmern. Sie erleichtern außerdem die proaktive Ansprache von Patienten*innen und verbessern die Einhaltung von Behandlungsplänen durch Innovationen wie Push-Erinnerungen. Ein solcher partizipatorischer Ansatz führt in der Regel zu einer positiveren Erfahrung in der Gesundheitsversorgung und zu einer allgemeinen Verbesserung der Zufriedenheit der Patienten*innen.
Dies ist jedoch erst der Anfang einer technologiegestützten proaktiven Gesundheitsversorgung. Ein vollständig proaktiver Ansatz würde beispielsweise den Patienten*innen eine Auswahl an vorgebuchten Vorsorgeterminen präsentieren, aus denen diese mit einem Klick auswählen können, anstatt ihn nur zur Teilnahme an einem Screening aufzufordern. Zudem würde er die individuellen Gesundheitsbedürfnisse genau zum richtigen Zeitpunkt vorhersehen. Dies ist bereits Realität: Wir haben eine zentrale Anlaufstelle für digitale Dienstleistungen konzipiert und eingerichtet, bei der die Registrierung der Geburt eines Kindes automatisch wichtige Sozial- und Gesundheitsdienste wie Impfungen in Gang setzt, ohne dass die Eltern einen Antrag stellen müssen.
Ein wertorientiertes Modell der Gesundheitsversorgung
Fortgeschrittene Datenanalysen bieten noch mehr Möglichkeiten für eine proaktive Gesundheitsversorgung wie die Quantifizierung individueller Risikofaktoren für Krankheiten, was zu personalisierten Plänen für die präventive Versorgung führt. Mindestens 80 Prozent der Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Typ-2-Diabetes sowie über 40 Prozent der Krebserkrankungen sind vermeidbar. Auf der anderen Seite können durch eine vorausschauende Planung der richtigen Gesundheitsfürsorge mehr Ressourcen bereitgestellt werden, ohne die Pflegekapazitäten zu beeinträchtigen, wie in diesem aktuellen Beispiel aus Finnland.
Neue und leicht zugängliche Technologien – von Wearables über Telemedizin bis hin zu prädiktiven Analyselösungen – rücken die proaktive Gesundheitsfürsorge immer näher und schaffen die Voraussetzungen für einen Wandel hin zu einem wertorientierten Gesundheitsmodell. Die proaktive Gesundheitsversorgung erfordert jedoch einen grundlegenden psychologischen Wandel bei Gesundheitsdienstleistern und Einzelpersonen. Gesundheitsdienstleister werden nicht länger darauf warten, dass Patienten*innen vor ihrer Tür stehen. Die Menschen werden gut informiert sein und mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und Lebensqualität übernehmen.
Veränderungen sind nie einfach, aber die potenziellen Vorteile sind beträchtlich. Für die Patienten*innen bedeutet eine proaktive Gesundheitsversorgung bessere Gesundheitsergebnisse und mehr Kontrolle. Sie kann zu Kosteneinsparungen sowohl für das Gesundheitssystem als auch für die Patienten*innen führen, indem sie die Diagnosen verfeinert, Krankenhausbetten freimacht und den Zugang zu medizinischem Fachpersonal erweitert.
Unsere "6P"-Vision
Die Umsetzung von Veränderungen ist stets eine Herausforderung, aber die potenziellen Vorteile sind enorm. Eine proaktive Gesundheitsversorgung verspricht für Patienten*innen bessere Gesundheitsergebnisse und mehr Kontrolle über ihre Gesundheit.
Dies ist unser ganzheitlicher Ansatz für die Gesundheitsversorgung – eine Vision mit den „6P“, die proaktiv, perspektivisch, präventiv, personalisiert, partizipativ und Performance-orientiert ist.
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